„Meine Arbeit werde ich nicht vermissen, meine Leute schon“

Die Likra und Hartmut Puff, so sagen die Sonneberger, gehören zusammen. Aber auch die müssen sich irgendwann trennen. Ende Juni verlässt der Geschäftsführer "sein" Unternehmen" und geht in den Ruhestand. Freies Wort sprach mit ihm über seine langjährige Tätigkeit.

Herr Puff, waren Sie eigentlich schon immer ein "Energie-Mensch"?

Hartmut Puff: Nein, ich habe in der EIO Werkzeugmacher gelernt und danach Maschinenbau an der Sonneberger Fachschule in der Wiesenstraße studiert. Anschließend war ich in der Thuringia in Oberlind tätig und arbeitete zunächst in der Planung. Später war ich im Aufbaustab tätig und habe die mechanische Fertigung mitgeplant und gebaut. Dann kam die Wende.

Und damit das Ende für die Thuringia...

Genau. Ich habe gemerkt, dass es mit meiner Firma bergab geht und musste mich neu orientieren. Das war auch gar nicht schwer, schließlich hatten wir mit Öffnung der Grenze alle Möglichkeiten. Das habe ich auch getan. Aber man musste schon genau hinsehen und am Ende hat es dann noch nicht gepasst. Inzwischen wurde bekannt, dass die Stadt die Daseinsvorsorge für Strom, Wasser und Wärme neu regeln musste. Nach einem Stadtratsbeschluss zur Gründung von Stadtwerken habe ich mich im Rathaus beworben. Das war kurz nach der Linder Kerwa im Juni. Gehört habe ich dann lange Zeit nichts und ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben. Aber kurz vor Weihnachten wurde ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und durfte am 2. Januar 1991 als Sachgebietsleiter in der Stadtverwaltung anfangen.

Dann haben Sie die Gründung der Stadtwerke vorbereitet?

Das kann man so sagen und zwar zusammen mit Ulrich Häfner, Walter Rempel und anderen. Aber das war alles andere als einfach.

Warum?

Weil nach der Aufsplittung des Energiekombinates der DDR in Strom und Gas keiner etwas hergeben wollte. Ich musste mich durch unzählige Archivunterlagen wühlen, um alte Gesellschafter- und Pachtverträge herauszusuchen. Die benötigten wir unbedingt, um die Stadtwerke aufzubauen. Sehr zäh gestalteten sich auch die Verhandlungen mit der Treuhand. Hier haben wir harte Kämpfe geführt, um das Anlagevermögen wiederzubekommen. Aber man wollte uns partout nicht helfen. Erst als wir Contigas, jetzt Thüga, mit ins Boot genommen haben, wurde es einfacher.

Und dann wurde die Likra gegründet?

Ja, und zwar genau am 13. April 1992 als Licht- und Kraftwerke Sonneberg GmbH. Deren Anteile übernahmen zu 60 Prozent die Stadt Sonneberg und zu 40 Prozent die Contigas. Am 24. November wurde die neue Likra ins Handelsregister eingetragen.

Waren die Anfangsjahre schwer?

Oh ja, genau wie in vielen anderen Betrieben auch mussten wir uns neu orientieren. Speziell für die Likra hieß es, eine eigene Unternehmensstruktur aufzubauen. Mit der Übernahme der Gasversorgungsanlagen konnten wir zwar auf das vertraute Fachpersonal zurückgreifen und die Mitarbeiter auch in die Likra übernehmen, aber der kaufmännische Bereich musste vollkommen neu aufgestellt werden. Außerdem musste technisch auf der Gasseite nicht nur die Herauslösung der Versorgungsanlagen aus der Südthüringer Gasgesellschaft, sondern auch die Umstellung der Versorgung mit Stadtgas auf den neuen Energieträger Erdgas bewältigt werden. Dazu mussten unter anderem über weite Strecken alte Gussrohre ausgewechselt werden. Das hört sich jetzt alles einfach an, war es aber nicht. Ab 1996 haben wir dann die Stromversorgung noch übernommen.

Was waren Ihre Aufgaben in der neuen Likra?

Ich war zunächst technischer Leiter und als solcher für die Technik zuständig. Das war nicht immer einfach, denn das Netz, das wir aus DDR-Zeiten übernommen hatten, war marode und sehr störanfällig. Gerade in der Anfangszeit mussten die Mitarbeiter sehr oft ausrücken, um Schäden zu beheben. Und da ich wissen wollte, wie es um das Netz steht, war ich sehr oft bei solchen Einsätzen dabei. Auch am Wochenende und in der Nacht, denn meist passieren solche Störfälle ja zu den ungünstigsten Zeiten. Ich war zwar kein reiner Gas-Mensch, hatte aber den Vorteil, Maschinenbau studiert zu haben. So wusste ich einerseits über Strom Bescheid und hatte auch Ahnung von der Pneumatik, denn beides sind Inhalte des Studiums. Ich musste alles nur an die neuen Gegebenheiten anpassen. Aber das hat mit der Zeit ganz gut funktioniert und ich war schon bald nicht mehr derjenige, der keine oder sagen wir wenig Ahnung hat.

Deshalb wurden Sie später auch Geschäftsführer der Likra...

Ja, ich glaube gewisse soziale Kompetenzen zu haben und ich habe mich wohl auch nicht ganz doof angestellt. Nein, im Ernst, seit 1. Januar 2003 bin ich technischer Geschäftsführer der Likra und kümmere mich seitdem neben der Technik auch um das Tagesgeschäft und den Handel. Wir haben bedingt durch die beiden Gesellschafter auch immer zwei Geschäftsführer. Der Zweite wird von der Thüga gestellt. Aber wir hatten immer ein gutes Verhältnis und haben uns immer abgestimmt. Als Mitgesellschafter will man schließlich wissen, wofür das Geld ausgegeben wird. Im Laufe der Zeit habe ich viele Lehrgänge absolviert und habe da alles gelernt, was man als Geschäftsführer braucht.

Sie sprachen den Handel an. Das stellt man sich als Außenstehender recht schwer vor, bei den heiß umkämpften Märkten...

Das ist auch schwer. Immer im Blick zu haben, dass es für den Kunden nicht so teuer wird, denn dann könnte er abspringen, und auf der anderen Seite aber auch etwas für das Unternehmen, beispielsweise für weitere Investitionen, übrig zu haben, ist sehr schwierig. Aber mit der Zeit bekommt man ein wenig Routine und weiß, wie man den Preis am besten gestaltet.

Worauf sind Sie besonders stolz?

Da gibt es eigentlich ganz viel. Ich bin stolz, dass ich beim Aufbau der Likra mitgeholfen habe und wir uns zu einem guten Unternehmen entwickelt haben, das aus der Region nicht mehr wegzudenken ist. Stolz bin ich ebenso auf die vielen Investitionen, mit denen wir viel verbessern konnten. Von Vorteil war aber auch die gute Zusammenarbeit mit Neustadt und den anderen Stadtwerken im Umfeld. Wir konnten uns immer gegenseitig austauschen und das war ganz wichtig. Dankbar bin ich den Kunden, die uns über viele Jahre die Treue gehalten haben.

Neben ihrem eigentlichen Geschäft hat sich die Likra auch um andere gekümmert, beispielsweise um den Sport. Warum?

Erstens, weil ich selber Sportler bin und zweitens weil es mir immer ein Anliegen war, mit der Region verbunden zu bleiben. Wir sind ein Unternehmen für die Region und auch ein Teil dieser. Deshalb haben wir den Likra-Schwimmcup oder das Likra-Feriencamp des Sonnebades gerne unterstützt. Daneben haben wir den Handball, den Fußball, den Volleyball und den Jazz, um nur einige zu nennen, gesponsert.

Sie gehen Ende des Monats in Rente. Worauf freuen Sie sich?

Auf mehr Zeit mit meiner Familie. Meine Frau Regina und auch meine Tochter haben mir immer den Rücken freigehalten. Als Geschäftsführer war ich stets früh der Erste und abends der Letzte, der das Büro verlassen hat. Meist kam dann noch die eine oder andere Veranstaltung dazu. Um Haushaltsangelegenheiten oder Handwerker musste ich mich nie kümmern. Da sind meine Frauen sehr selbstständig und dafür bin ich sehr dankbar. Schwierig wird es jetzt sein, sich da in Zukunft nicht einzumischen. Aber ich bin ja lernfähig. Mein erster Sommer als Rentner ist auch schon so gut wie ausgeplant. Außerdem habe ich Haus und Hof und da gibt es immer etwas zu tun. Und meinen Sport werde ich auch nicht vernachlässigen.

Viele haben Angst, mit dem Ruhestand in ein Loch zu fallen. Wie ist das bei Ihnen?

Davor habe ich überhaupt keine Angst. Ich weiß, dass ich dann kein Likra-Chef mehr bin und dementsprechend zu bestimmten Höhepunkten nicht mehr eingeladen werde. Aber ich habe mich bemüht, meine sozialen Kontakte aufrechtzuerhalten und mein Umfeld nie zu vernachlässigen. Auch wenn es ein sehr langer Arbeitstag war, habe ich mich aufgerafft und bin noch zu dieser oder jener Veranstaltung gegangen. Und dann war ich nicht der Geschäftsführer, sondern der Mensch Hartmut Puff. Ich glaube, das ist jetzt für meinen neuen Lebensabschnitt von Vorteil.

Werden Sie auch etwas vermissen?

Meine Arbeit nicht, aber meine Leute, mit denen ich so lange so gut zusammengearbeitet habe. Wir sind ein sehr familiäres Unternehmen, in dem jeder auch etwas Privates vom anderen weiß. In den 15 Jahren als Geschäftsführer stand meine Bürotür beispielsweise die meiste Zeit offen. So wusste jeder, dass er immer reinkommen konnte. Selten war sie angelehnt und man hat vorsichtig angeklopft, um mit mir etwas zu klären. Nur wenn die Tür zur war, wusste jeder, dass man jetzt nicht stören kann, denn dann hatte ich wichtige Verhandlungen.

Gespräch: Cathrin Nicolai

 

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